Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger, Antisemit, Rassist: Die Liste der Vorwürfe gegen Naidoo ist lang. Aber weder plant er bei den Schlossfestspielen 2021 eine politische Kundgebung, noch wäre bekannt, dass seine Lieder verboten sind. Das sah jetzt auch Rostock ein. Die Stadt verwarf die Idee, Naidoo 2021 auszuladen, unter anderem deshalb, weil das Verbot die Aufforderung zum Vertragsbruch bedeutet hätte. Ein Vertragsbruch, den die Regensburger OB dem Veranstalter Reinhard Söll gern zumuten würde.
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Man kann Naidoo genial finden, lieb-verspult oder gefährlich radikal. Wer ihn öffentlich verunglimpft, muss sich die Formulierung aber gut überlegen. Zwei Mal, in Regensburg 2018 und in Nürnberg 2019, bekam der Sänger recht, als er gegen die Bezeichnung Antisemit klagte. Rückhalt erhielt er mehrfach auch von Marek Lieberberg, Konzertagent – und Jude.
„Im Rechtsstaat sind Grundrechte das höchste Gut, Säulen der Demokratie“, sagt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. „Meinungen, und seien sie noch so abstrus, müssen wir aushalten.“ Die Bundesjustizministerin a. D. verteidigte Naidoos Recht auf freie Meinungsäußerung aktuell gegen Berlins Senator Andreas Geisel (SPD).
„Was man öffentlich sagen oder singen darf, entscheidet nicht der moralische Kompass eines Bürgers oder einer Bürgermeisterin, sondern das Gesetz.“
Maltz-Schwarzfischers Aufruf ist selbstgerecht, intolerant oder im freundlichsten Fall überfürsorglich. Denn was man öffentlich sagen oder singen darf, entscheidet nicht der moralische Kompass eines Bürgers oder einer Bürgermeisterin, sondern das Gesetz. In der Demokratie lässt es keinen Platz für die Diktatur von Tugenden, die im Namen der eigenen Wahrheit die Freiheit der Andersdenkenden negiert – „auch wenn die Handelnden glauben, ihren Anspruch aus ihrem Werte- und Grundgesetzverständnis ableiten zu können“, schreibt Grundgesetz-Experte Axel Hopfauf.